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Barock und Rokoko in Tirol

Erzherzog Ferdinand Karl (letzter Habsburger der Tiroler Linie) (Kunsthistorisches Museum, Schloss Ambras, Innsbruck)Ab ca. 1620/30 tritt in Tirol die Stilrichtung des Barock auf, die im zweiten Drittel des 18. Jh. in das Rokoko übergeht. Bis 1665 gab es eine eigene Linie der Tiroler Habsburger mit iStatthalter Karl Philipp von der Pfalz (Sitzungssaal des Tiroler Landtags im Alten Landhaus in Innsbruck)hrer Residenz in Innsbruck. Nach 1665 fiel die Regierung an den Hauptzweig der Habsburger in Wien zurück, Innsbruck verlor als Residenzstadt und Kulturzentrum seine Bedeutung. Der Kaiser in Wien wurde durch Statthalter vertreten, die in der Hofburg residierten. Vor allem unter den Statthaltern Herzog Karl von Lothringen (1768-1690, Großvater von Stephan von Lothringen) und Herzog Philipp von der Pfalz (1707-1717) entwickelte sich ein kleiner Bereich der Hofkunst. Erst Maria Theresia sorgte in größerem Maß wieder für Aufträge.

Auftraggeber waren der Hof (bis 1665, dann stark eingeschränkt), der Adel, religiöse Orden und das Bürgertum in den Städten, aber auch bäuerliche Gemeinschaften. Als Kunstzentren galten Innsbruck, Brixen und Trient.

Das heutige Bundesland Tirol (Nord- und Osttirol) war bis zu seiner Auflösung 1919 Teil der Gefürsteten Grafschaft Tirol, welche im Süden bis an das Nordufer des Gardasees, im Westen bis zum Arlberg und im Osten bis Kufstein reichte. Zu Tirol gehörten auch die Vorlande, Streubesitz der Habsburger westliche des Arlberg im heutigen Vorarlberg, der Schweiz und Südwestdeutschland. Im Süden des Landes residierten die Fürstbischöfe von Brixen und Trient sowohl als geistliche als auch als weltliche Herren. Erst 1803 wurden diese Fürstbistümer Tirol einverleibt.

Pfarrkirche GötzensWichtige Durchzugssstraßen, Pässe sowie einige Flüsse (Inn, Sill, Lech, Etsch, Eisack und Rietz) bildeten natürliche Vorgaben für die Ausbreitung von Siedlungen und damit der Kultur in den einzelnen Talschaften und wenigen Becken. Die große Zeit des Bergbaus in der Spätgotik mit Zentren wie Schwaz, Rattenberg, Kitzbühel, Kufstein, Imst und Landeck war vorbei. Gerade in verschiedenen Tälern kam es zu einer Verbindung zwischen dem Barock und traditionellen lokalen Formen. Hier zeigt sich die bedeutende Stellung der katholischen Religion, die vor allem durch den Einfluss der Habsburger schon im 16. Jh. (Erzherzog Ferdinand II.) gelegt wurde. In vielen kleineren und größeren Orten entstanden neue Barockkirchen oder wurden schon bestehende Gotteshäuser barockisiert.

Tirol besaß viele bodenständige Werkstätten und brachte zahlreiche Handwerker und Künstler hervor, vor allem im Oberland. Für Großaufträge holte man sich jedoch ausländische Künstler aus Schwaben, Bayern, Salzburg und Italien.

Matthias Bernhard Braun (Hl. Luitgard auf der Karlsbrücke in Prag)Gerade im Tiroler Oberland sind in der Zeit des Barock zahlreiche geschickte Handwerker und Künstler zu finden, die jedoch in ihrer Heimat kaum Turm der Stiftskirche Dürnstein (Joseph Mungenast)Aufträge fanden und deshalb saisonweise oder für ganz auswandern mussten. So gibt es kaum ein niederösterreichisches Stift, bei dem nicht ein Tiroler entscheidend mitgearbeitet hat. Als Beispiele seien hier angeführt: Jakob Prandtauer (geb. 1660 in Stanz bei Landeck, gest. 1726 in St. Pölten, Erbauer von Stift Melk, tlw. Stift Kremsmünster und St. Florian), Joseph Mungenast (geb. 1680 in Schnann, gest. 1741 in St. Pölten, Neffe von Jakob Prandtauer, Stift Seitenstetten, Türme von Stift Zwettl und Dürnstein, Umbau von Stift Altenburg und Stift Geras), Matthias Bernhard Braun (geb. 1684 in Sautens, gest. 1738 in Prag, einer der bedeutendsten Barockbildhauer Böhmens, zwei Statuen auf der Karlsbrücke in Prag, Skulpturen für die Parks verschiedener böhmischer Schlösser), Josef Deutschmann (geb. 1717 in Imst, gest. 1787 in Passau, einer der führenden Bildhauer in Niederbayern, Beichtstühle der Klosterkirche und Ausstattung der Bibliothek des Klosters Fürstenzell). Man könnte aber noch viele andere nennen.

Grundsätzlich unterscheidet man in der Architektur zwischen Sakralbauten (Kirchen, Kapellen, Klöster und Stifte) und Profanbauten (Palais in den Städten, Schlösser, Bürgerhäuser), weiters müssen noch Skulptur und Plastik, Stuck und Dekoration sowie Freskomalerei und Tafelmalerei genannt werden.