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Das spanisch-burgundische Hofzeremoniell

Schloss Versailles - Sonne als Symbol von König Ludwig XVI. (Foto: A. Prock)Gerade in der Barockzeit wurde der Kaiser wie eine Gottheit betrachtet, der Hof sammelte sich um ihn, der Monarch war der absolute Mittelpunkt. König Ludwig XIV., der Sonnenkönig, wählte die Sonne, um die sich alles dreht, als Symbol. Das Zeremoniell sorgte dafür, dass der Kaiser äußerst umständlich und streng bedient wurde. Das gesamte tägliche Leben und alle Feste waren dem Zeremoniell unterworfen. Es bestimmte eigentlich alle Bereiche des höfischen Lebens und ihm war auch die äußerst komplizierte Kleiderordnung unterworfen. Es gab ein eigenes Zeremoniell für die Jagd, die Reise oder den Ablauf der Gottesdienste.

Das spanische Hofzeremoniell war eigentlich burgundischen Ursprungs und kam durch die Heirat Kaiser Maximilians I. mit Maria von Burgund zu den Habsburgern, zunächst aber nur zur spanischen Linie. In Spanien wurde es viel strenger gehandhabt als am Wiener Hof.

Mittelpunkt des gesamten höfischen zeremoniellen Lebens war der Kaiser. Jedes seiner Bedürfnisse und jede seiner Handlungen wurden zu einem Staatsakt erhöht. Nur bestimmte Auserwählte durften ihm dienen und waren dabei an strenge Vorschriften gebunden. Bei den zwei Audienzen des Kaisers pro Woche sprach er selbst kein einziges Wort, laut Zeremoniell antwortete der Hofkanzler für ihn. Das Zeremoniell bestimmte genau, wer sich dem Kaiser wie weit und wie nahen durfte. Es legte eine bestimmte Abfolge von Zimmern fest: Trabantenstube (Trabanten = Leibgarde) - Ritterstube - erste Antecamera (Vorzimmer) - zweite Antecamera - Rathstube - Retirade und Cabinet. Es war genau geregelt, wer sich in welchen Räumen der Wiener Hofburg aufhalten durfte. Bei Theatervorstellungen war die Sitzordnung detailliert vorgeschrieben, auch die Beschaffenheit der Stühle, Teppiche, Baldachine etc. Kaiser Franz I. Stephan von Lothringen (Hofburg Innsbruck, BHÖ/Foto: Bunge)

Nur dem Kaiser stand die Anrede „Majestät“ zu, dem kaiserlichen Nachwuchs, also den Erherzögen und Erzherzoginnen, der Titel „Durchlaucht“. Maria Theresia führte jedoch 1755 den Titel „königliche Hoheit“ für ihre Kinder ein. Den jungen Habsburgern stand ab ihrem sechsten Lebensjahr ein eigener Hofstaat zu.

Der Rang einer Person bei Hofe zeigte sich durch die Anzahl der Schritte, die der Kaiser der Person entgegenging, wie er sie begrüßte und verabschiedete. Dazu zählte auch die Art der Sitzgelegenheit, die der Person zugewiesen wurde, ob kleine oder große Stühle mit oder ohne Rückenlehne und Armlehne, Kanapees etc.

Das spanische Hofzeremoniell wurde nur in der Hofburg so streng praktiziert, in den Sommerresidenzen, etwa in Schönbrunn, galt das einfachere „Teutsche Campagne-Zeremoniell“.

(Nach Frank Huss: Der Wiener Kaiserhof - Eine Kulturgeschichte von Leopold I. bis Leopold II., Gernsbach 2008)