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Plastik des Barock und Rokoko in Tirol

Unter Kaiser Maximilian I. war Innsbruck ein Zentrum der höfischen Kunst im deutschsprachigen Raum am Übergang von der Gotik zur Renaissance. Das beste Beispiel ist die Hofkirche in Innsbruck mit den 28 Figuren und dem leeren Grabmal des Kaisers.

Grabmal von Erzherzog Maximilian III. dem Deutschmeister (Caspar Gras, 1614-1619) (Foto: A. Prock)Zwischen Renaissance und Barock schiebt sich die Stilphase des Manierismus, in Innsbruck vor allem vertreten durch den Bronzeguss. Schon Alexander Colin (1527/28-1612), Hans Reichle (1570-1642) und Hubert Gerhard (1540/50-1620) legten die Grundsteine für den Frühbarock. Vor allem ist jedoch der Bronzegießer Caspar Gras (1590-1674) zu nennen, ein Schüler des Niederländers Hubert Gerhard, der im Umkreis von Giovanni da Bologna aarbeitete. In den Vordergrund trat nun die „gedrehte“, ganzseitig betrachtbare Bronzeplastik.

1614-1619 schuf Caspar Gras nach Entwürfen von Hubert Gerhard das Grabmal für Erzherzog Maximilian III. im Dom von Innsbruck. Über vier gedrehten Bronzesäulen mit verschiedenen Leopoldsbrunnen (Caspar Gras, 1622-1630) (Foto: A. Prock)kleinen Tieren wie Schnecken, Vögel, Insekten, Würmern etc. kniet auf einer Platte der Erzherzog, beschützt vom hl. Georg und dem Drachen. Auf den vier Ecken sitzen kleine Trauergenien.

Erzherzog Leopold V. gab Gras den Auftrag zum Leopoldsbrunnen (1622-1630), der jedoch erst 1893 in der heutigen Form aufgestellt wurde. Während die unteren Figuren noch eher der herkömmlichen Darstellung entsprechen, zeigt das steigende Pferd, auf dem der Erzherzog sitzt, schon eine neue Dynamik in der Bewegung.

Neben dem höfischen Bronzeguss sind vor allem Holzschnitzwerke (Altäre, Figuren) in vielen Tiroler Kirchen zu nennen. Den Beginn setzt Bartlmä Steinle (1580-1628)Hochaltar der Stiftskirche Stams (Bartlmä Steinle, 1609-1613) (Foto: A. Prock) aus Weilheim in Südbayern, wo schon im Spätmittelalter eine bedeutende Tradition des Altarbaus bestand. Er schuf mit anderen Künstlern 1609-1613 den Hochaltar der Stiftskirche Stams als Lebensbaum, ausgehend von der Wurzel Jesse, mit 84 Figuren im Astwerk. Während manche Figuren noch eher statuarisch im Sinne der Spätgotik wirken, sind andere schon lebendiger und bewegter gestaltet.

Exemplarisch für das Oberinntal soll Michael Lechleitner (gest. 1669) genannt werden, der ebenfalls in der Tradition der Weilheimer Bildschnitzer stand, aber schon mehr Beweglichkeit und Körperlichkeit bei seinen Figuren hervorhebt. Werke von ihm sind etwa in der Margarethenkirche in Pians (1648) und in der Burschlkirche in Landeck zu finden.

Ein neues Figurenverständnis kam mit Andreas Thamasch aus dem Maria von der Kreuzigungsszene beim Österreichischen Grab in Stift Stams (Andreas Thamasch, 1681-1684) (Foto: A. Prock)Paznauntal (1639-1697), der schon bei seinem Frühwerk, dem Österreichischen Grab in der Stiftskirche Stams (1681-1684), starke Bewegung der vom Wind flatternden Gewänder und dramatischen Pathos im Ausdruck von Leid zeigt. Die dortigen Plastiken von Tiroler Landesfürsten stammen von ihm. Er schnitzte auch die Pietà in der Karlskirche Volders und Maria mit dem Kind in der Stiftskirche Stams (1697).

Sein bedeutendster Schüler ist Andreas Kölle (1680-1755), der ebenfalls wie Hans Reindl (1714-1792) in Stift Stams arbeitete. Mit dem aus Stams stammenden Reindl erreichte die Tiroler Rokokokunst einen Höhepunkt. Als eines seiner Hauptwerke gilt der Johannes-Nepomuk-Altar in der Stiftskirche Stams (1746).

Im Tiroler Unterland hinterließ Benedikt Faistenberger aus Kitzbühel (1621-1693) seine Spuren. Gut sichbar sind bayerische und venezianische Einflüsse beim Hochaltar der Rosakapelle in der Pfarrkirche Kitzbühel (um 1662).

Annasäule in Innsbruck (Cristoforo Benedetti, 1706) (Foto: A. Prock)Nicht zu vergessen sind in Tirol für den Altarbau italienische Vorbilder mit Säulenarchitektur aus buntem Marmor. Führend dabei waren Cristoforo Benedetti (1660-1741) und sein Sohn Teodoro Benedetti aus dem Trentino. Auf Cristoforo geht die Annasäule in der Maria-Theresien-Straße (1706) zurück. Beide Künstler schufen die Altäre des St.-Jakobs-Doms in Innsbruck.

Gerade im Tiroler Oberland sind in der Zeit des Barock zahlreiche geschickte Handwerker und Künstler zu finden, die jedoch in ihrer Heimat kaum Aufträge fanden und deshalb saisonweise oder ganz auswandern mussten. So arbeiteten Jakob Schletterer aus Wenns im Pitztal in Schloss Mirabell in Salzburg und in Schloss Draßburg im Burgenland und Anton Sturm aus Faggen in Füssen. Matthias Bernhard Braun aus Sautens im Ötztal hinterließ seine Werke als einer der bedeutendsten Bildhauer des Barock in verschiedenen böhmischen Schlössern (Figuren für die Parkanlagen) und auf der Karlskirche in Prag. Dies sind nur drei von vielen Tiroler Künstlern im Ausland.