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Religion - barocke Volksfrömmigkeit

Die Religion spielte im Barock eine ganz wesentliche Rolle. Das Konzil von Trient (1545-1563) war richtungweisend für die Gegenreformation. Der deutsche Mönch Martin Luther hatte die Missstände in der katholischen Kirche angeprangert und Änderungen gefordert. Geistliche befolgten den Zölibat nicht, der Ablasshandel (Sünden werden durch Geldspenden vergeben) war stark verbreitet, Bischöfe kümmerten sich nicht um ihre Diözesen, Geistliche waren schlecht ausgebildet u. a. Luther und seine Bewegung des Protestantismus fanden starken Zulauf. Die katholische Kirche musste die abtrünnigen Gläubigen wieder auf ihre Seite bringen. Dazu dienten auch die Künste, der bewegte und bunte Barock, der mit seinen prächtigen Kirchen, farbenfrohen Fresken und Altarbildern sowie dramatisch dargestellten Figuren das Gefühl der Menschen ansprach. Aber natürlich mussten auch innere Neuerungen erfolgen, etwa eine bessere Kontrolle und Ausbildung der Geistlichkeit.

Jesuitenkirche in Innsbruck (Foto: A. Prock)Der Einfluss der religiösen Orden nahm stark zu. Bettelordensklöster der Franziskaner und Dominikaner sowie die großen barocken Stiftsanlagen der Benediktiner, Augustinerchorherren, Zisterzienser und anderer Orden wurden zu Zentren einer epochalen religiösen Erneuerungsbewegung. Die um 1530 von Ignatius von Loyola gegründeten Jesuiten führten die Gegenreformation an. Als Erzieher der männlichen Jugend des Adels und als Beichtväter des Adels konnten sie sich in den Städten niederlassen, wurden sogar häufig von den Landesfürsten selbst geholt. Nicht selten nutzten sie ihre herausragende Stellung aus und gewannen so politischen Einfluss. In den Klöstern und Stiften saßen viele Gelehrte, vor allem die Jesuiten gründeten Gymnasien und Universitäten.

Die neuen Glaubensbewegungen wurden bis in die kleinsten Dörfer getragen. Gerade in Tirol zogen Jesuiten von Dorf zu Dorf, ja von Hof zu Hof, um in ihren Missionen die Menschen vom katholischen Glauben zu überzeugen. Auch in den entlegendsten Dörfern entstanden prunkvolle Barockkirchen.

Der Mensch lebte zwischen den Polen Himmel und Hölle bzw. Fegefeuer. Die vier letzten Dinge - Tod, Jüngstes Gericht, Himmel, Hölle - waren allgegenwärtig. Die Kirche lehrte, dass alle Menschen Sünder sind und Buße tun müssen. Krankheiten, Seuchen - etwa Pest und Pocken -, Arme Seelen im Fegefeuer (Pfarrkirche Obertilliach, Foto: A. Prock)Naturkatastrophen - etwa Erdbeben, Überschwemmungen, persönliche Schicksale etc. wurden als Strafen Gottes gesehen. Durch Gebete, Andachten, frommes Leben, Spenden, Stiftungen, Barmherzigkeit u. a. konnte man sich den Weg in den Himmel ebnen bzw. erkaufen. Jeder Gläubige hatte Angst vor der ewigen Verdammnis.

Wallfahrten und Pilgerfahrten standen hoch im Kurs. Beweggründe dazu gab es viele, nicht nur religiöse. Die Bitte um eine gute Ernte, um Gesundwerdung während einer Krankheit, um eine gesunde Geburt, um Rückkehr aus dem Krieg, um Errettung aus irgendeiner Notsituation etc. waren Motive. Bei der kaiserlichen Mariahilfbild von Lucas Cranach im Dom von Innsbruck (Foto: A. Prock) Familie war vor allem die Wallfahrt nach Mariazell besonders beliebt. Häufig ging es dabei um den Wunsch nach Kindersegen. Jede Region hatte ihre eigenen Wallfahrtsorte und Heiligen. Die Heiligen sollten unsere Gebete um Schutz und Hilfe zu Gott emportragen und Fürbitte bei ihm einlegen. Besonders zahlreiche Wallfahrts- und Pilgerorte sind der hl. Maria geweiht, der wichtigsten Heiligen. In Tirol trifft das etwa auf Maria Waldrast, das Mariahilfbild von Lucas Cranach im Dom von Innsbruck und auf Kaltenbrunn im Kaunertal zu.

Der tägliche Kirchenbesuch gehörte wie selbstverständlich zum Leben dazu. Bevor man am Morgen zur Arbeit ging, besuchte man die heilige Messe. Der Glaube beherrschte alles. Besonders wichtig waren früher die kirchlichen Feiern im Leben des Volkes. Die Kirche gab auch den Jahresablauf für die Menschen vor, war eine Art Kalender.

Die religiösen Feiertage boten eine willkommene Abwechslung für die Bevölkerung, Urlaub im heutigen Sinn gab es nicht. Im katholischen Bayern gab es 125 religiöse Feiertage im Jahr: zu den 52 Sonntagen kamen insgesamt 19 gebotene und 53 übliche Feiertage. Wobei jedoch die täglich notwendige Bauernarbeit immer gemacht werden musste.