Krankheiten und ärztliche Versorgung
Krankenhäuser und ärztliche Versorgung im heutigen Sinn gibt es erst seit dem 19.
Jh. mit der intensiven wissenschaftlichen Auseinandersetzung der Medizin. Allerdings
hat gerade Kaiser Joseph II. hier richtungweisende Akzente gesetzt, vor allem was
die Ausbildung der Ärzte anbelangt.
Das Wissen über Krankheiten war sehr begrenzt. Die Kranken gehörten zu den Ausgestoßenen.
Krankheit und körperliche Missbildungen hielt man für äußere Zeichen der Sünde und
damit des Zorns Gottes. In den christlichen Werken der Barmherzigkeit war die Hilfe
für Kranke ein fixes Gesetz. Für die Auseinandersetzung mit Krankheit zählten überliefertes
Wissen, tradierter Glaube und die Hilfe Kundiger. Der Bogen reichte dabei vom selbsternannten
Naturheiler über den Bader bis zum wissenschaftlich ausgebildeten Arzt. Gesundwerden
stand nicht mit Wissen und Diagnose in Verbindung, sondern mit dem Glauben bzw. dem
Aberglauben.
Entscheidend war die Säftelehre des antiken Arztes Galen (129 bis ca. 200 n. Chr.).
Seiner Anschauung nach war die Gesundheit eines Menschen an das ausgeglichene Verhältnis
der vier Körperflüssigkeiten gebunden: Blut, Schleim, schwarze Galle und gelbe Galle.
Lebt ein Mensch gläubig und maßvoll, verbrennt er in- und auswendig wie eine Kerze,
das heißt er stirbt sanft und ohne große Schmerzen. Ein schlimmer Tod erwartet ihn
bei einem ungeordneten Lebenswandel. War das Verhältnis der vier Säfte gestört, wurde
der Mensch krank. Um den Ausgleich der Säfte wieder herzustellen, waren der Aderlass
und das Schröpfen in Verwendung. Beim Schröpfen wurden Blutegel angesetzt. Beide
Tätigkeiten nahm der Bader vor, der neben dem Haar- und Bartschneiden auch Kopfschmerzen
behandelte, Verbände anlegte, Zähne zog, sich um Geschwüre, Wunden und gebrochene
Knochen kümmerte. Der Bader war aber vor allem für das öffentliche Bad zuständig.
Schwitz- und Wannenbäder waren sehr beliebt. Viele Krankheiten konnte man auch aus
dem menschlichen Urin herauslesen.
Universitär ausgebildete Ärzte gab es nur sehr wenige, zudem konnten sich nur die
Reichen solche leisten. Die Masse der Bevölkerung ging zum Bader oder zu anderen
Heilkundigen. Besonders beliebt waren Kräuter. Der Chirurg nahm größere Eingriffe
und schwere Amputationen vor. Die großen Probleme waren dabei vor allem die mangelnde
Reinlichkeit, die Asepsis, die ungenügende Blutstillung sowie die Schmerzlinderung.
Zur Betäubung diente vor allem Alkohol.
Da Krankheiten stark mit dem Glauben verbunden waren, unternahmen viele Leidende
Pilger- oder Wallfahrten zu Gnadenorten oder Grabstätten von Heiligen, wo oft von
Wunderheilungen berichtet wird. Die heilende Kraft des Wassers war besonders wichtig.
In Tirol gab es zahlreiche „Bauernbadln“, wo die Bevölkerung Schmerzlinderung erfahren
konnte. Ein solches bestand etwa an der Stelle von Schloss Lipperheide bei Brixlegg
im Unterinntal und im Innsbrucker Stadtteil St. Nikolaus („Venus-Bad“). Die Heilwasser
halfen bei Gicht, Rheuma, Arthritis, Schwangerschaftsbeschwerden u. a. So gilt etwa
die Quelle von Maria Waldrast im Wipptal als lindernd bei Augenleiden.