© Anton Prock 2013

Kaiser Joseph II.


            Kindhe

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Ka         Der große Reformer - pro und contra

Josephs Reformen kamen von oben. Vieles war schon von Maria Theresia angedacht worden, allerdings hatte sie die Ausführungen viel behutsamer angehen wollen. Joseph berücksichtige Traditionen, gewachsene Bindungen sowie nationale und geografische Besonderheiten nicht. Ein bedeutender Schritt war die Einführung der deutschen Sprache als Amtssprache.

Seine Reformen zeigen einen Wandel des Herrscherbildes vom Gottesgnadentum - der Herrscher ist durch Gott eingesetzt - zum Staatsdienst - der Herrscher im Dienste seines Volkes.

Folgende Reformen nahm Kaiser Joseph II. in Angriff:

Am meisten sorgten seine kirchenpolitischen Maßnahmen für Unruhen. Das 1781 erlassene Toleranzpatent war für die damalige Zeit revolutionär. Lutheraner, Kalvinisten und Griechisch-Orthodoxe wurden den Katholiken gleichgestellt, sie durften ihre Religion frei ausüben. Ab 1782 galt dies auch für die Juden. Joseph wollte eine vom Staat unabhängige Kirche schaffen. Auch die neue Begräbnisordnung stieß auf Widerstand. Leichen durften nur noch in Friedhöfen in den Vorstädten bestattet werden, in Säcke eingenäht und ohne Sarg. Ab 1784 gab es den josephinischen Sarg, bei dem sich der Boden nach dem Hinabsenken ins Grab mittels Seilzug öffnen ließ. So konnte er wiederverwendet werden. Begräbnisse mussten nachts und ohne Angehörige stattfinden. Kirchliche Prozessionen und Wallfahrten schränkte Joseph stark ein oder verbot sie ganz.

1782 kam die große Klosterauflösung im Habsburgerreich, die alle Orden und Klöster betraf, die nichts für das Allgemeinwohl leisteten. Ihr Vermögen wurde einem Religionsfonds zugeführt, die Gebäude wurde als Krankenhäuser oder Kasernen adaptiert. Nur Klöster, die sich der Krankenpflege, dem Schulwesen oder der praktischen Seelsorge widmeten, konnten weiterhin bestehen. In der Habsburgermonarchie, denn nur dort galten seine Reformen, wurden über 700 Klöster aufgelöst. Das Volk protestierte. Selbst der Papst, der nach Wien kam, konnte kaum etwas erreichen.

Durch die Abschaffung der wohltätigen Bruderschaften, der frommen Stiftungen und durch die Klosterauflösung war der Staat gezwungen, die öffentliche Wohltätigkeit zu übernehmen. Joseph ließ daher Spitäler, Altersheime, Findelhäuser und Waisenhäuser errichten. Der Staat sorgte für eine gute und geeignete Ausbildung von Ärzten, Chirurgen und Hebammen. Damit übernahm der Staat Aufgaben, die zuvor die Kirche ausgeführt hatte.

Im Allgemeinen Strafgesetzbuch von 1787 schaffte der Kaiser die Todesstrafe ab, die er durch lebenslängliche Verurteilung zu schwerer Arbeit ersetzen ließ. Schon 1775 war die Folter abgeschafft worden. Das neue Rechtsprinzip brachte die Gleichheit vor dem Gesetz.


Aus heutiger Sicht weiß man, dass der Kaiser mit seinen Reformen zu rasch und zu autoritär vorgegangen ist. Dies rief den Widerstand des Volkes hervor und führte sogar zur Bedrohung des Staates. Joseph reagierte mit Unverständnis und mit stärkerer polizeilicher Überwachung. 1798, kurz vor seinem Tod, war es mit seinen sicher gut gemeinten Reformen zu Ende. In Ungarn war eine Revolte zu erwarten, in den Österreichischen Niederlanden tobte bereits ein Aufstand. Der Kaiser war gezwungen, einen Teil seiner Reformen zurückzunehmen, besonders jene, welche die Kirche betrafen. Sein Lebenswerk war damit gescheitert.

Allerdings konnte er eine Revolution wie in Frankreich verhindern. Wirklich einschneidende Änderungen fanden erst im 19. Jh. statt, allerdings doch durch Revolutionen - 1830 und 1848.